Ich fange wieder an zu träumen.
Das ist gut, auch wenn die Träume ziemlich schemenhaft und merkwürdig sind. Heute morgen träumte ich davon, nach einer unruhigen Nacht aufzuwachen und ich fand mich wieder in einem unbekannten Bett, in einem unbekannten Zimmer. Das Tageslicht schien schon herein und ein Radio ertönte aus einer Ecke des Zimmers. Das Bettzeug war meins, das blauschwarze, und es war durchwühlt von meinem unruhigen Schlaf. Aus dem Radio hörte ich ganz deutlich eine weibliche Stimme, die gerade ein überzeugendes Plädoyer für die Schönheit der Forschung zu Ende brachte.
Ich habe noch nie eine so deutliche akustische Halluzination gehabt. Wenig später erwachte ich dann zum zweiten Mal, diesmal in meinem richtigen Bett, und ein sinnloser Satz schwebte noch in meinem Kopf, der wohl den Ausgang nicht fand. Etwas benebelt habe ich ihn mir notiert:
Im Vierteltext gab QM nur gejagte Bilder.
Diese rätselhafte Sinnlosigkeit hat mich fasziniert. Wir haben in unserem Kopf ein unendliches Potenzial, welches wir Nacht für Nacht anzapfen, um das so Gewonnene am Morgen immer wieder vollständig zu vergessen. Wahnsinn bedeutet, den Unterschied nicht mehr zu finden zwischen den subjektiv erlebten Realitäten.
Einmal hatte ich eine Ahnung davon bekommen, als ich mich vor einiger Zeit nach dem Aufwachen an etwas zu erinnern glaubte, was in Wahrheit nie geschehen war. Und dieser kurze Zeitraum, in welchem ich einfach nicht entscheiden konnte, ob es sich um eine tatsächliche oder um eine eingebildete Erinnerung handelte, der hat mir einen Geschmack gegeben, wie es wohl sein könnte, wenn man verrückt wird. Denn was uns bei Verstand hält ist dies: Die Kontinuität des Seins. Das ist das Vertrauen in die Richtigkeit unserer Erinnerungen. Die Gewissheit, gestern derselbe Mensch gewesen zu sein, der man heute ist. Die Gewissheit, dass das Erinnerte auch das Erlebte ist.Wenn sie verloren geht, dann ist der Wahnsinn nicht mehr in die Nacht zu verbannen. Ein unheimliches Gefühl…
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Als ich gerade dem obigen, etwa ein Jahr alten Text den Titel „Realität und Wahnsinn“ gab, hatte ich das überaus deutliche Gefühl, dem Text schon einmal genau diesen Titel gegeben zu haben.
Ich sah mich also tippen und dabei sah ich mich noch einmal tippen, in meiner Erinnerung. Ich war also doppelt vorhanden und war mir dieser Doppelheit klar bewusst. Die Erinnerung ist allerdings falsch, denn ich habe diesen Text niemals betitelt.
Kann man sich an etwas Nichtexistentes erinnern? Genau so wirkt ein Déjà-vu, ein Erinnern an die Gegenwart, an das noch Irreale, an das was nicht ist und was nun unabänderlich eintritt, während man Handelnder und Betrachter zugleich ist. Die Realität als Traum.